Kirchengemeinde Meinerdingen finanziert die eigene Zukunft aus zwei Stiftungen
Die Mitgliederzahlen der Kirchengemeinden gehen zurück, die Steuereinnahmen auch. „Das ist ein immerwährendes Thema, das uns schon seit vielen Jahren wie das berühmte Damoklesschwert bedroht“, sagt Pastor Delventhal im Gespräch. Das Problem dabei: Die Ausgaben verringern sich nicht. Die Gebäude müssen aber weiter unterhalten werden. Personaleinsparungen sind nur schwer umzusetzen, wenn eine Kirchengemeinde ohnehin nur so viel Personal beschäftigt, wie es wirklich erforderlich ist. Da fiel die Initiative der Landeskirche, den finanziellen Einbrüchen vor Ort mit der Gründung von Stiftungen entgegenzuwirken, in Meinerdingen vor gut 20 Jahren auf fruchtbaren Boden.
Mit dem damaligen Kirchenvorstand Ulli Kolberg sei er zur Informationsveranstaltung nach Walsrode gefahren. „Wir haben hinterher im Auto zusammengesessen und überlegt, wie wir das für uns nutzen können“, erinnert sich Thomas Delventhal. Und bekanntlich ist es von der Idee bis zu deren Umsetzung in Meinerdingen kein weiter Weg. „Wir haben mögliche Multiplikatoren angerufen und uns schließlich mit sieben, acht Leuten zusammengesetzt, um zu sehen, wie wir das geforderte Gründungskapital von 50.000 Euro zusammen bekommen.“ Schließlich kamen 60.000 Euro zusammen, 20.000 Euro als Zuschuss der Landeskirche dazu.
Mit 80.000 Euro startete die Stiftung Lebendiges Meinerdingen. Heute beträgt das Stiftungskapital 550.000 Euro. 312.000 Euro befinden sich als „unantastbares Kapital“ in der „Erika-und-Willi-Meyer- Stiftung“, die Willi Meyer aus Uetzingen als letzten Wunsch seiner Frau 2013 gründete. Ihr Ziel ist es, unabhängig von Zuschüssen der Landeskirche die Meinerdinger Kirche und das Pfarrwitwenhaus (das heutige Kirch-Café) zu erhalten.
Die Steigerung des Kapitals bei der Stiftung „Lebendiges Meinerdingen“ hat einen einfachen Grund: Die Mitglieder der Kirchengemeinde Meinerdingen gehen einfach gerne stiften. Einmal im Jahr lassen sie beim ersten Grillabend der Saison ihre Sparschweine leeren. Zudem gibt es viele Gemeindemitglieder, die seit Jahren monatlich, vierteljährlich oder jährlich feste Beiträge stiften. Auch bei Trauerfällen, bei Hochzeiten oder Geburtstagsfeiern profitiert das Stiftungskonto und damit die ganze Gemeinde. Hinzu kommen die Einnahmen aus dem „Kalender der Dankbarkeit“, einem weiteren besonderen Meinerdinger Patent.
Während das Stiftungskapital spekulationsfrei bei der Kreissparkasse und Volksbank angelegt ist, wird die Lebendigkeit aus Zinserträgen finanziert. Die Entscheidung, wie die Stiftungsmittel verwendet werden, trifft der Stiftungsvorstand, der sich aus Mitgliedern der Kirchengemeinde Meinerdingen zusammensetzt. Aktuell gehören ihm neben Pastor Thomas Delventhal, Annelie Bertram als Vorsitzende, Herbert Meyer, Jutta Joos, Susann Joachim, Tanja Stadtländer und Eckard Schulz an. Kann eine Kirchengemeinde heute überhaupt noch ohne Stiftungsgelder überleben? „Sie hat gar keine Wahl“, sagt Meinerdingens Pastor und fügt schmunzelnd hinzu, „und es lebt sich viel angenehmer.“ Jedes Jahr stehen so 30.000 Euro für das Gemeindeleben zur Verfügung, 7000 Euro für Gebäude. „Wenn wir eine Idee haben, dann können wir sie umsetzen. Wir können mit einem guten Gefühl in die Zukunft schauen“, fasst der Pastor die Situation zusammen.
im Mai 2024