St.-Georg-Kirche im Mai 2016

 © Birger Schwarz

© Birger Schwarz / Kirchengemeine Meinerdingen 

© Birger Schwarz / Kirchengemeine Meinerdingen 

Zettelwirtschaft als „Navi-System“

Nachricht Meinerdingen, 04. Februar 2024

Beobachtungen im Alltag – Einkaufen kann mit Tücken verbunden sein

Seit ich Rentner bin, hat sich bei mir einiges verändert, in meinem Umfeld, aber auch „in mir“ selbst. Das betrifft auch meine Einstellung zum Einkaufen. Als ich allein war, bin ich jeden Tag losgezogen, um durch die Regale in den Supermärkten zu streifen. Eine Kleinigkeit fand sich dann immer, die im Einkaufswagen landete, vor allem aber traf ich dort viele Bekannte zum kurzen Klönschnack.

Jetzt bin ich nicht mehr allein. Einkaufen finde ich aber nach wie vor interessant. Inzwischen nicht mehr jeden Tag, sondern als „amtlich bestellter Einkäufer“ meiner Partnerin, die selbst nicht besonders gerne in Supermärkten unterwegs ist. Ich habe auch den Spleen, am Wochenende die Prospekte der Discounter nach Angeboten zu durchsuchen und meinen Einkaufszettel zusammenzustellen. Je nach Preisattraktivität ist der Zettel kürzer oder länger.

Montags ist dieser Zettel dann so etwas wie mein handgeschriebenes Navigationssystem. Ich weiß: es ginge auch einfacher. Stichwort „Alexa und Einkaufsliste“. Aber ich liebe nun mal diese handgeschriebenen Merkzettel, die mich ohne Piepen an bestimmte supergünstige Angebote
erinnern. Handgeschriebenes beinhaltet auch mehr Sicherheit. Was bedeutet denn auf einer elektronischen Einkaufsliste der Hinweis Zucker oder Karotten oder Sahne? Wieviel Zucker? Wieviel Karotten? 125 oder 250 ml Sahne? Schlagsahne oder saure Sahne? Missverständnisse, die zu Fehlkäufen und häuslichem Ärger führen, lassen sich handschriftlich mit konkreter Nachfrage vermeiden!

Ich habe allerdings festgestellt, dass solche Einkaufszettel auch abhängig machen. Neulich ist mir mein Zettel beim Kühlregal für Milchprodukte aus der Hand gefallen. Ich wollte nur Joghurt aus dem obersten Fach holen. Schwupps war mein Zettel weg. Ich habe im Kühlregal alle in Frage kommenden Fächer durchsucht. Erfolglos. Auch im und unter dem großen Rollwagen, in dem leere Pappkartons gesammelt werden, keine Spur von meinem Wegweiser aus Papier. Nachdem mich immer mehr Kunden aus den Augenwinkeln beobachteten, habe ich die Suche abgebrochen.

Ich wusste genau, neun „Schnäppchen“ standen auf der Liste. Vier (inklusive Joghurt für einen Euro) lagen im Einkaufswagen. Ich erinnerte mich noch an vier geräucherte Würstchen und Gouda für 1,19 Euro. Ach ja, eine Kiste Wasser und eine Kiste Bier (10,99 Euro). Doch was war Punkt 9? Ich streifte wie ein Privatdetektiv zwischen den Regalen entlang. Nicht der Hauch einer Spur oder Idee. Wie ausradiert. Ich habe aufgegeben, bin nach Hause gefahren. Als beim Auspacken des Einkaufskorbs die Frage kam „Und wo ist das Brot?“, fiel mir Produkt 9 wieder ein. Das sind die Tage, an denen ich sogar zweimal im Supermarkt zu finden bin.

Eckard Schulz