St.-Georg-Kirche im Mai 2016

 © Birger Schwarz

© Birger Schwarz / Kirchengemeine Meinerdingen 

© Birger Schwarz / Kirchengemeine Meinerdingen 

„Ich brauch Leute um mich herum“

Nachricht Meinerdingen, 31. August 2021

Kurt Rotermund: Der „Bürgermeister aus dem Rembrandtwinkel“ kann schlecht Nein sagen

Wenn man Kurt Rotermund erreichen will, ist ein Anruf übers Festnetz um die Mittagszeit am besten. Ansonsten ist der „Bürgermeister aus dem Rembrandtwinkel“ meistens unterwegs. Klar, über Smartphone ginge es natürlich. Doch das ist das einzige technische Gerät, mit dem der vielbeschäftigte Rentner häufig auf dem Kriegsfuß steht und wohl auch in Zukunft stehen wird. Der 72-Jährige gehört zu den Menschen, die stets da sind, wenn man sie braucht, sein vielfaches Engagement aber nie „an die große Glocke“ hängt.

In Jeersdorf bei Scheeßel („in Rotenburg- Hannover“, wie er betont), wuchs Kurt Rotermund auf. Sein Großvater war Schmiedemeister, sein Vater war in der Landwirtschaft tätig. Beides zusammen muss früh auf den jungen Kurt abgefärbt haben. In beiden Bereichen macht ihm bis heute kaum einer was vor. Stahlbauschlosser hat er in Rotenburg (da schon mit dem Zusatz Wümme) im Fahrzeug- und Anlagenbau gelernt. Fahrzeuge für Schausteller wurden dort gebaut. „Die haben da schon richtig viel Geld gekostet“, erinnert er sich an die Fahrzeuge für Wochen- und Jahrmärkte, oft mit viel buntem Licht an den Werbeflächen.

Seine Frau Irmgard hat er bei einem Erste-Hilfe-Kurs zur Führerscheinprüfung in Visselhövede kennengelernt. Sie arbeitete im Haushalt bei Bäcker Vierjahn in Walsrode. Die beiden verliebten sich und begannen die gemeinsame Zukunft zu planen. Dazu gehörte eigentlich, ein Haus in Visselhövede zu bauen. Doch dort gab es Zeitverzögerungen mit dem Bauplatz und die beiden entschieden sich für einen der beiden noch freien Bauplätze am Rembrandtwinkel in der Walsroder Vorbrück. „Diese Entscheidung war richtig. Wir haben sie nie bereut. In der Vorbrück ist es wie auf dem Dorf. Da kennt man sich, pflegt die Nachbarschaft“, betont Kurt Rotermund und verweist auf viele, besonders spontane Nachbarschaftsfeste, an denen „Alte und Junge“ teilnehmen und sich einbringen. Viel organisiert dabei der „Bürgermeister“. 1973 heirateten Irmgard und Kurt Rotermund. Zwei Söhne und drei Enkel haben sie.

1972 bauten sie ihr Haus. Zwei Jahre vorher hatte er als Bauschlosser bei Wolff angefangen, war oft auf Montage im Einsatz. Da hat er die handwerkliche Vielseitigkeit gelernt, die bis heute allen zugutekommt, bei denen er sich helfend einbringt. Das tut er auf vielfache Weise, seit er Rentner ist. Vorher war er schon in der Kanuabteilung des TV Jahn Walsrode aktiv und hatte sich als Fahrer in der Kanuabteilung der Schule nützlich gemacht.

Dann ging es richtig los. Was er alles macht und ob es ihm nicht manchmal zu viel wird? „Na so viel ist es ja auch nicht“, sagt er, und ich helfe ihm beim Aufzählen: Chef des Friedhofsteams (jeden Dienstag von 9 bis 11 Uhr), Leiter der Spielegruppe in der Kirchengemeinde, Verteiler der Gemeindebriefe, Organisator von Radtouren für den DRK-Ortsverein, Aktiver in der Rentnergruppe des Vorbrücker Schützenkorps („Rasen mähen und Hausmeister für alle und alles“, beschreibt er es). Da sammeln sie dann auch anfallendes Altmetall aus dem eigenen Umfeld und verkaufen es. Der Erlös kommt der Seniorengruppe zugute, die in den vergangenen Jahren unter anderem die komplette sanitäre Anlage im Schützenhaus neu gebaut hat. Jeden Mittwoch treffen sich die Senioren, erst zum Arbeiten, dann zum Klönschnack bei Kaffee.

Das mache ihm alles unheimlich Spaß „und ich brauche die Leute um mich herum“, stellt er klar, dass es ihm nicht zu viel wird. Im Gegensatz zu seiner Irmgard sei er einfach sehr gerne unter Leute. „Sie muss ich oft überreden, mitzukommen“, schmunzelt er. Ob er sich in der Meinerdinger Kirche schon früher engagiert hat? „Wenn mir jemand früher gesagt hätte, du wirst mal zum Helfen auf den Friedhof gehen, hätte ich gesagt: Du lügst.“ Über die Kinder und deren Konfirmationszeit habe er die Kirche, vor allem aber Pastor Delventhal kennen gelernt. „Thomas hat dann die Gründung des Friedhofsteams in die Hand genommen und Einladungen verschickt. Seitdem bin ich dabei.“ Seit zwei Jahren leitet er das Friedhofsteam, etwas was ihm eigentlich nicht liegt. „Ich bin kein Häuptling“, beschreibt er sich selbst.

Und was ihm überhaupt nicht liegt, ist es, sich zu loben oder in den Vordergrund zu stellen. Für seinen Neffen hat er mal 50 Nistkästen für ein Naturschutzprojekt gebaut. Auf dem Meinerdinger Friedhof hängen auch Nistkästen aus seiner Produktion. Die wurden bei einer der vielen „Überstunden“ angebracht. Ja, es stimme. Er könne mit wenig viel machen. Da komme ihm das zugute, was er seit seiner Kindheit gelernt habe. Das Wort Nein kenne er nicht so gut, lächelt er verschmitzt. Hilfsbereitschaft ist für ihn eine Selbstverständlichkeit. Doch er merke rasch, wenn er ausgenutzt werde. „Dann kann ich auch bremsen.“ Gott sei Dank kommt das nicht oft vor.

Eckard Schulz