St.-Georg-Kirche im Mai 2016

 © Birger Schwarz

© Birger Schwarz / Kirchengemeine Meinerdingen 

© Birger Schwarz / Kirchengemeine Meinerdingen 

„Corona war echt eine harte Prüfung“

Nachricht Meinerdingen, 02. September 2022

Die Meinerdinger St.-Georg-Singers gibt es seit 20 Jahren / Zukunft ist gesichert

Die Corona-Pandemie hat viele Menschen nicht nur kurzfristig von den Beinen geholt. Betroffene und ganze Branchen leiden dauerhaft unter den Folgen. Ganz besonders schlimm waren und sind die Folgen im kulturellen Bereich, nicht nur bei der „bezahlten Kultur“ und Großveranstaltungen. Auch vor Ort sind die Konsequenzen spürbar. In vielen Orten fehlt die Begleitmusik, wenn die Schützenvereine zum Scheibenannageln beim König marschieren. Die Zahl der Spielmannszüge hat drastisch abgenommen. Gesangvereine und Chöre haben in vielen Orten die gleichen personellen Probleme. Henning Hebenbrock, Gründer und Leiter der St.- Georg-Singers in Meinerdingen, kennt das. Corona habe auch die St.- Georg-Singers voll ausgestoppt. Doch inzwischen klingt es mittwochs ab 20 Uhr wieder vielstimmig aus dem Gemeindesaal. „Laut Liste sind wir 45 Mitglieder“, zieht der Chorleiter im Jubiläumsjahr Bilanz. Etwa 25 Sängerinnen und Sänger sind stets bei den Übungsabenden da. „Konstant vierstimmig“ seien sie, und darum ist Hennig Hebenbrock mit Blick nach Vorne im 20. Jahr des Bestehens optimistisch: „Ich mache mir keine Sorgen um die Zukunft der St.-Georg-Singers.“

„Personalmangel“ war vor gut 20 Jahren auch die Keimzelle, aus der die St.-Georg-Singers hervorgingen. Henning Hebenbrock sollte den damaligen Kirchenchor übernehmen. Woraus im Rückblick der größte Unterschied zwischen dem ehemaligen Kirchenchor und den St.-Georg-Singers bestand? Alter und musikalische Vorlieben der Aktiven, nennt er zuerst. Und dann natürlich inhaltliche bei der Musikauswahl, zu der heute neben dem kirchlichen ein hoher Anteil an Rock- und Popsongs gehört. Und ein wichtiger Punkt gilt für ihn bis heute. „Ich habe immer gesagt, wenn weniger als zehn Leute da sind, höre ich auf.“ Das war damals der Fall.

Genügend Musikinteressierte gab es allerdings in Meinerdingen und „umzu“. Dem Aufruf zur Gründung der St.-Georg-Singers folgten über 20 Frauen und Männer. Offiziell liegt die Zahl heute doppelt so hoch. 34 Anmeldungen gibt es für die Berlinfahrt zur Chorfreizeit im kommenden Jahr. Woran liegt es aus seiner Sicht, dass die St.-Georg-Singers personell so stark sind und nicht das Schicksal von Gesangvereinen oder Spielmannszügen der Region nach der Coronakrise erleiden? Da sei zum einen das Repertoire, das inhaltliche Angebot und letztlich wohl auch an ihm. „Ich versuche, freudig und lustvoll an die Sache ranzugehen. Der Spaß an der gemeinsamen Sache muss da sein, dann kommt die Musik.“ Bei anderen entstehe die Freude aus dem Erfolg öffentlicher Auftritte. Auch für die St.-Georg-Singers sei es wichtig gewesen, sich zu präsentieren, auf Ziele hinzuarbeiten, „aber uns treibt der Spaß an der gemeinsamen Musik, am Singen jeden Mittwoch an“, beschreibt Henning Hebenbrock das „Erfolgsgeheimnis“.

Die Musikauswahl liegt in seiner Verantwortung. Das Repertoire bestehe je zur Hälfte aus kirchlicher und aus Rock- und Popmusik. „Das gibt es sonst nicht als Angebot. Das ist unser Alleinstellungsmerkmal.“ Manchmal gehe er monatelang mit der Auswahl neuer Stücke schwanger. „Es muss möglich sein, das musikalisch umzusetzen. Das einzuschätzen, ist manchmal die schwerste Übung“, gibt er zu. Und wenn er mit seinem Vorschlag auf gar keine Gegenliebe bei den „Singers“ trifft? „Dann lassen wir es einfach. Das hat es auch schon gegeben“, macht der Chorleiter deutlich, dass persönliche Eitelkeiten bei der Musikauswahl keine Rolle spielen.

Corona sei eine harte Prüfung gewesen, habe den Chor voll ausgestoppt. Die Kontakte seien kaum zu halten gewesen. Auf Fernmusik über YouTube oder andere Kanäle habe er bewusst verzichtet. „Damit kann ich meine Art und Weise nicht so gut transportieren.“ So sei der Anfang nach der langen Pause nicht einfach gewesen. Bei einer so langen Pause würden sich die Leute auch andere Hobbys suchen und eben nicht wiederkommen.

Das ist inzwischen anders. Die Vierstimmigkeit sei jeden Mittwoch gewährleistet. Und fast wöchentlich kämen auch neue Leute zu den Probenabenden. Die Hürde, neu in den Chor einzusteigen, sei aus seiner Sicht nicht so hoch, zumal die Gruppe sehr offen sei. „Wenn die Leute ganz neu anfangen, sind sie schon erstaunt, mit welch hohem Tempo wir arbeiten.“ Wer einsteigen will, muss nicht zwangsläufig Noten können. „Ich singe alles vor. Der Chor singt es nach“, beschreibt Henning Hebenbrock seine Arbeitsweise. Aber natürlich sei es für Neulinge schon ein Sprung ins kalte Wasser, weil die St.-Georg-Singers im Laufe der Zeit ein großes musikalisches Repertoire haben.

Nebenbei: Warum ist Chorsingen eigentlich überwiegend Frauensache? „Es wird als nicht männlich angesehen“, bestätigt der Chorleiter, jedenfalls nicht in dem Maße wie andere Aktivitäten. „Häufig kommen die Männer, wenn sie von ihren Frauen oder Kollegen angeschleppt werden“, schmunzelt er. Allerdings bestehen die St.-Georg-Singers zu einem Viertel aus Männern und bilden auch damit eine Ausnahme.

Zwei bis vier Hochzeiten und sechs Gottesdienste im Jahr sind die Regel für öffentliche Auftritte. Alle zwei Jahre gibt es im Rahmen der Kirch-Café- Veranstaltungen ein Konzert, für das intensiv geübt werde. Der Auftritt beim Kirchenjubiläum sei aus seiner Sicht der bisher größte gefühlte Erfolg gewesen, weil er unglaublich viel Freude bereitet und eine tolle Resonanz beim Publikum gehabt habe. „Man muss einen öffentlichen Auftritt als Ziel haben. Diesen Mut haben wir auch. Die Spannung ist wichtig. Es muss prickeln, wenn wir auftreten und die Leute da sitzen, um uns zuzuhören.“ Darum soll es nach dem Chorwochenende im Juni 2023 vor den Sommerferien ein Jubiläumskonzert zum 20-jährigen Bestehen der St.- Georg- Singers geben.

Eckard Schulz