Missverständnisse im Sprachgebrauch räumt Veith Grünwald gleich aus. Er ist zwar Diplom-Restaurator. Doch was er und die Zimmerleute seit Ostern am Meinerdinger Kirchturm vornehmen, ist keine Restauration, sondern eine Restaurierung. Das eine habe mit dem gastronomischen Bereich zu tun, die Restaurierung mit der Erhaltung alter Bauwerke. Und alt ist der Meinerdinger Kirchturm. Dr. Stefan Amt von der Technischen Universität in Braunschweig hat erst Anfang der 2000er Jahre bei einem wissenschaftlichen Projekt mit Studenten festgestellt, dass der hölzerne Kirchturm fast 200 Jahre älter ist, als bisher gedacht. Auf 1383 wurde nach den speziellen Untersuchungen das Baudatum für den Kirchturm festgelegt. Nach bisherigem Kenntnisstand ist der Meinerdinger Kirchturm damit „das älteste erhaltene Exemplar dieses Bautyps in Niedersachsen – und eventuell auch darüber hinaus“, hat Dr. Amt niedergeschrieben.
Auch wenn der hölzerne Kirchturm höher als die Meinerdinger Kirche ist, steht er eindeutig in deren Schatten. Ein wenig ähnelt er dabei dem Berufsbild von Veith Grünwald. Wenn es um die Restaurierung bei Kirchengebäuden geht, sehen Außenstehende zunächst Restauratoren, die auf Gerüsten mit Lupe und Pinzette an Kirchendecken ganz besondere, jahrhundertealte Fresken oder Bilder freilegen, die wann auch immer mit Farbe überstrichen worden waren. Veith Grünwald arbeitet mit groberem Handwerkszeug.
Diplom Restaurator hat er studiert, sich während des Studiums schon auf handfeste Arbeiten spezialisiert. Eine Tischlerlehre hat er vorher absolviert. „Es macht mir einfach Freude, etwas anpacken zu können“, sagt er. Doch auch wenn es draußen an einem hölzernen Turm robuster zugeht als bei filigranen Arbeiten mit Pinsel und Pinzette, bleibt eines gleich: „An solche Arbeiten geht man mit Ehrfurcht ran. Da haben Generationen von Handwerkern dazu beigetragen, dass so ein Bauwerk von 639 Jahren erhalten worden ist. Was wir hier jetzt machen, ist die Erhaltung kulturellen Erbes“, sagt der gebürtige Regensburger, der mit seiner Familie in Hildesheim lebt.
Gleich nach Ostern haben die Arbeiten am Kirchturm begonnen. Das Gerüst an dem insgesamt 16,30 Meter hohen hölzernen Gebäude (Angabe aus dem Bericht von Dr. Amt) macht auch Vorbeifahrenden deutlich, dass sich hier etwas Außergewöhnliches tut. Die 639 Jahre sind an dem Turm nicht spurlos vorübergegangen. Besonders an der Wetterseite haben Sonneneinstrahlung, Wind und Regen dafür gesorgt, dass ursprünglich vier Zentimeter dicke Eichenbohlen nur noch wenige Millimeter dick sind.